4 Jahre Nextcloud, die Zeit davor und wer ist Cloudius?
Wenn Ihr Lust habt auf meine Geschichte mit den Clouds, dann kommt hier ein wenig Text :-)
TL;DR : Nextcloud rockt!
Heute auf den Tag ist es vier Jahre her, dass Frank Karlitschek sein Projekt ownCloud forkte. Das neue Baby trägt den Namen "Nextcloud" und trägt ihn glücklicherweise immer noch.
Die Zahl 4 ist meine Glückszahl und ich schaue nochmal weitere vier Jahre zurück.
Für mich selbst ging die Reise mit den privaten Clouds 2012 mit ownCloud los. Das Konzept von Dropbox und iCloud fand ich gut und die Idee einer selbst-gehosteten Cloud riss mich sofort mit. Ich testete sowohl den Server als auch den Desktop-Client (Blogartikel 1, Blogartikel 2).
Ja, ich weiss, ich war spät dran mit Server-Release 3.0, aber irgendwann muss man ja mal einsteigen. Der Client machte schon früh einen guten Eindruck, der Server hingegen hatte seine Auf-und-Abs. Die Entscheidung Windows als Server-Plattform aufzugeben war eine kluge Entscheidung und erlöste viele User (mit wenig Wissen) von Ihren Leiden :-) .
Der nächste Schritt für mich war der Einstieg in das Forum, erst als User, dann recht schnell als Moderator. Dabei habe ich viel gelernt, ich meine jedoch weniger das technische, sondern eher wie so eine Community funktioniert. Ich kannte das ein wenig von KDE doch ownCloud war kleiner und sehr schnell am wachsen und die Foren-Software war den ganzen Spammern nicht gewachsen. Die täglichen Löschorgien sind mir noch sehr gut in Erinnerung. Im Forum fand sich eine kleine Gruppe an Enthusiasten und die Arbeit machte Spaß. Das nächste große Server-Release war 4.0 und war wirklich schmerzhaft. Am Release-Tag hatte ich Urlaub, die Kinder waren im KiGa und ich schaute völlig unvorbereitet in das heise-Forum. Das war Schmerz pur. Heise-Foren sind teilweise so unterirdisch, so "Bild"-mäßig, aber ich überlebte den Tag ohne Trauma und die Leidenschaft blieb :-) .
Am 27. Februar 2015 war dann ein besonderer Tag. Ich feierte "Der Tag der iCloud -Unabhängigkeit" und war glücklich. Endlich keine Daten mehr bewusst bei Apple gespeichert. Bei Google war ich schon länger nicht mehr. So konnte es weitergehen.
Doch es kam anders, es kam der Fork. Habe es am selbem Abend mitbekommen als die Ankündigung rauskam und es war ein komisches Gefühl als "Kämpfer" für ownCloud. Es kamen mir Fragen in den Kopf wie "Bricht das Projekt jetzt auseinander und Dropbox feiert 'ne Party?" oder "Wo stehe ich jetzt mit meiner Cloud?". Hatte keine Hintergrundinformationen und aus meiner Sicht startete ownCloud puren Aktionismus wie die Ankündigung der Gründung einer Foundation. Warum überstürzt jetzt, und nicht in der Zeit davor? Man konnte die Panik förmlich spüren. Dann die Chaos-Aktion mit J.K. (kenne ich nicht persönlich), der mir via Webformular auf meiner Internetseite eine Board-Mitgliedschaft in der Foundation anbot. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keine einzige Konferenz, Hack Week oder anderes Treffen besucht. Nicht mal mit jemanden telefoniert und dann soll ich der Community Minister sein? Das war etwas befremdlich für mich. Wenn ich sage, dass ich Verzweiflung beim ownCloud-Projekt spürte, dann ist das nicht böse gemeint, aber es fühlte sich so an.
Ich war wie gesagt erstmal bedient, konnte nicht einschätzen was als nächstes passieren und welche Auswirkungen das Ganze auf die Community haben würde. Habe mich dann aber doch gleich in den Nextcloud-Foren angemeldet um mitzukriegen was genau vorging. Die Hintergründe blieben mir jedoch verborgen und ich war unentschlossen, welcher Seite ich meine Zeit widmen sollte. Nextcloud war da und ownCloud war weiterhin am Start, meldete neue Kunden und fokussierte sich auf das Thema File sharing.
Kurz darauf bekam ich dann auch mit, dass Danimo und Klaas die alte Firma verließen und muss Ihnen wirklich danken. Danke für die tolle Arbeit am Desktop-Client. Es ist wirklich ein tolles Stück Software. Der Weg dahin war steinig, man denke an die ganzen Conflict-Dateien. Das Ergebnis entschädigt wirklich, nochmals danke an das Client-Team.
Die Nextcloud-Foren gewannen sehr, sehr schnell an Leben. Die neue Software Discourse, welche zum Einsatz kam, machte auch mehr Spaß als früher. Nextcloud brachte bald einen App Store an den Start und dieser füllte sich rasant. Es zeigte sich schnell, das jetzt Nextcloud richtig in die Breite gehen würde was die App-Themen anging. Es gibt Apps aus den Bereichen Medizin, Produktivität, Geographie und vieles mehr. Mehr als 250 Apps sind bereits da. Der neueste Knaller für mich ist "Deck 1.0". So ein tolles Projekt-Tool! Habe mir schon öfters überlegt an was man die Popularität von Nextcloud messen kann. Suchanfragen bei Google Trends? Wenn man sich die Entwicklung der Wikipedia-Aufrufe anschaut, so ist klar, dass Nextcloud Riesenpotential hat. Hier ein Link zu den Aufrufen in der englischen Wikipedia. Die Foren bekamen noch mehr Zuspruch und es herrscht bis auf wenige Ausnahmen ein tolles Niveau. Das ist bis heute so und echt klasse.
Mein Hobby (fast auch Leidenschaft) ist das Thema Übersetzung. Für die Nutzung einer privaten Cloud ist für mich die Sprache der Schlüssel. Man kann hier nicht davon ausgehen, das alle Benutzer Englisch sprechen, auch wenn manche Entwickler das gerne so sehen :-) Transifex ist nach wie vor die genutzte Übersetzungsplattform für alle Strings. Hier mal ein paar Zahlen: Es übersetzen ca. 2.750 Freiwillige, es gibt 100 Sprachen, 133 Resourcen und ca. 13.500 Strings (ca. 70.000 Wörter). Das ist schon nicht wenig in meinen Augen. Selbst mache ich auf Transifex alles mögliche. Von Sprachen anlegen, Teams pflegen, Issues bearbeiten, PRs bei GitHub einreichen und Ankündigungen schreiben. Die Teams für die deutsche Sprache sind spitze und hier einen netten Gruß an alle Beteiligten.
Die Nextcloud-Seite in der Wikipedia ist noch ein weiteres Tätigkeitsfeld. Freies Wissen ist mir schon lange sehr wichtig und so schreibe ich an der englischen und deutschen Seite regelmäßig. Hier wären Mitstreiter mit Lust und Talent zum Schreiben toll. Speziell jetzt in der Corona-Zeit sollten wir Talk ausführlicher beschreiben. Nach Freigabe des High-Performance-Backends ist es eine echte, kostenlose Alternative zu den proprietären Plattformen. Habe es mal privat für die Familie installiert und es läuft gut. Facetime-Killer ;-)
Was mir noch so als große Verbesserung im Gedächtnis bleibt ist das Aktualisieren meiner Cloud. Die Taktzahl der Releases ist enorm, gut mit QOwnNotes hält keiner mit :-) In früheren Zeiten war das Updaten "spannend" und öfters kein Leichtes. Seit Beginn von Nextcloud gibt es einen tollen, stabilen Updater. Wirklich stabil und von der Commandline ein Traum. Die Einzigen, welche hier Ärger reinbringen sind Shared Hoster mit ihren Beschneidungen.
Nach einigen Jahren des Betreibens einer eigenen Cloud, zuerst auf einem QNAP-NAS, dann auf einem Raspberry Pi war das Limit erreicht. Hatte mir auch mal die Nextcloud Box gekauft, hier ausgepackt zu sehen:
Die ganze Familie und Freunde mit ihren vielen Geräten brachten den kleinen Pi ans Limit. Was nun? Da kam mir die VM von Daniel Hansson ins Gedächtnis. https://github.com/nextcloud/vm Wie der Zufall es so wollte, hatte Daniel seit Kurzem auch Hardware im Angebot und so werkelt seit ca. 6 Monaten eine kleine Intel-Box (ein NUC) mit der VM bei mir zu Hause und wir sind hochzufrieden. Thanks @Daniel
Wir reden zu Hause oft über die Familien-Cloud und Nextcloud. Für unsere Cloud war schnell klar, das Kind brauchte einen Namen. Meine Jüngste brachte "Cloudius" ins Spiel, so heißt das Ding jetzt auch :-).
Wie oben beschrieben war ich nur durch meine Tastatur Teil der Community. Oft schon wollte ich zur Konferenz oder zu einer Hackweek und immer wieder klappte es nicht ...
Dieses Jahr im Januar 2020 war es dann soweit und ich habe das erste Mal Benutzer, Kunden, Partner, Entwickler (yeah!) und auch Frank getroffen. Bin im Januar nach Berlin gefahren und wohnte der Veröffentlichung von Nextcloud 18, genannt "Nextcloud Hub", bei. Was für eine schöne Erfahrung. So viele freundliche Leute, viele kannte ich schon durch das Projekt, die ich jedoch noch nie gesehen hatte. Einfach toll und bestimmt nicht mein letzter Besuch.
Die formulierte Zielsetzung, eine ernsthafte Konkurrenz zu den großen US-Clouddiensten zu sein, finde ich mutig aber vollkommen richtig. Wir brauchen endlich Alternativen für die Bürger, so auch für den Staat, die Schulen > für alle.
Was erhoffe ich mir die nächsten Jahre von Nextcloud?
Das Thema File Sharing ist aus meiner Sicht sehr weit fortgeschritten. Talk sich weiter entwickelt (Aktuell gibt Corona dem Ganzen richtig Schub, das HBP wurde gerade erst offen gelegt) und hat noch Potential. Hier will ich bald Facetime ersetzen. Workflow wird aus meiner Sicht ein wichtiges Thema. Ideen dazu habe ich genug, wie JPG-Scans mit OCR in PDF wandeln. Neben der ganzen Wucht und Flut an Features, ich kenne kein Projekt in der Größe, das ein derartiges Tempo vorlegt, wünsche ich mir auch Stabilität. Die kriege ich, wenn ich nicht gleich auf jedes neue Release gehe. I know, aber es ist nicht leicht der Versuchung zu widerstehen ;-).
Die Software ist toll. Was jedoch ebenso toll ist, ist das Projekt und die Menschen dahinter. Glückwunsch an alle Beteiligten und besonders an Frank, für die Entscheidung das Ding vor mehr als 10 Jahren zu starten.
So, das war meine Geschichte mit den Clouds und ich wünsche Nextcloud einen tollen
Happy Birthday
Gruß,
Mark aka rakekniven
Anmerkung: Das alles ist die Sicht eines Tauberfranken der beruflich was ganz anderes macht als Cloud, Nähe Würzburg lebt und weder mit ownCloud noch Nextcloud kommerziell verbunden ist.
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